Dieser kleine Guide ist eine Antwort von graswurzel.tv auf immer wiederkehrende Fragen im Umfeld von Aktionen und deren journalistische Wiedergabe. Wir wollen hiermit motivierten Menschen einen Leitfaden in die Hand geben, wie sie mit Medien zu beidseitiger Zufriedenheit agieren können. Die folgenden Punkte beruhen auf Erfahrungen der letzten fünf Jahre unserer Medienarbeit und sollen als Anregung für eine professionelle Zusammenarbeit auch mit anderen Journalist_innen dienen.
Wichtig vorab: Dieser Leitfaden stellt keine Aktionsaufforderung dar, ist aber eine Bitte an diejenigen, die eine solche planen, Medienleute mitzunehmen, denn ohne eine Berichterstattung bleibt jede Aktion ohne Widerhall in der Öffentlichkeit.
Konsens in der Gruppe
Alle Punkte dieses Guides sollten innerhalb eurer Aktionsgruppe im Vorfeld diskutiert werden und es sollte sich um eine Konsensentscheidung handeln, Medienvertreter_innen mitzunehmen. Ihr solltet euch im Klaren sein, dass Diskussionen über das Ob und Wie gefilmt oder fotografiert werden darf, während der Aktion nicht sinnvoll sind. Klare Ansagen vorab helfen euch und den Journalist_innen.
Ansprechpartner_in und Kontaktmöglichkeit
Um eine professionelle Medienarbeit leisten zu können, ist es für alle Beteiligten notwendig, klare Rollen zu definieren: Von Seiten der Aktionsgruppen bedeutet dies unter anderem, jemanden zu benennen, die/der sich um die Koordination der Medien als eine Art Pressesprecher_in kümmert. Diese Person sollte keine weiteren Aufgaben während der Aktion übernehmen, um zum einen die Aktion durch eine Doppelbelastung nicht zu gefährden und zum anderen auch über die Aktion hinaus als Ansprechpartner_in für die Medienvertreter_innen zu fungieren, auch wenn es zu Ingewahrsamnahmen oder vorzeitigem Abbruch der Aktion kommt.
Die von euch bestimmte Kontaktperson verfügt über ein funktionstüchtiges Mobiltelefon (Akku geladen und ausreichend Guthaben), dessen Nummer an die Medienvertreter_innen weitergegeben werden darf und am Aktionsort ausreichend Empfang hat. Es empfiehlt sich dies im Vorwege zu prüfen! Alle involvierten Personen sollten diese Nummer kennen und auf allen Aufrufen und Presseerklärungen sollte diese Nummer mit veröffentlicht werden.
Navigation zum Aktionsort
Eine der Hauptaufgaben des/der Ansprechpartner_in ist die rechtzeitige Kontaktaufnahme mit den Medienvertreter_innen, bei der ihr einen ungefähren Zeitrahmen (welcher Tag, welches Tageszeit), eine ungefähre Region und den Aktionscharakter (Demonstration, Großaktion mit mehr als 100 Menschen, kleine Blockade mit fünf Leuten,...) mitteilt, so dass die Medienvertreter_innen sich darauf einstellen können und passendes Equipment mitnehmen.
Am eigentlichen Aktionstag ist es für die Presse am besten, wenn sie mit einem gewissen Zeitabstand vor dem Aktionsbeginn eingebunden zu werden, so dass sie die Aktion von Anfang an begleiten kann. Ein Kennenlernen vor der Aktion ist für beide Seiten sinnvoll. Hier können alle Fragen und Wünsche geklärt sowie gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden.
Für den eigentlichen Aktionszeitraum sollte ein konkreter Ort vereinbart werden, wo sich Ansprechpartner_in und Presseleute treffen. Treffpunkt und Aktionsort muss nicht zwangsläufig identisch sein. Wenn der Aktionsort so lang wie möglich geheim gehalten werden soll, kann die Presse von dort aus gemeinsam mit der/dem Ansprechpartner_in zum Aktionsort gelangen. GPS-Koordinaten oder Openstreetmap-Positionspunkte oder eindeutiges Kartenmaterial können Pressemenschen helfen, den Treffpunkt oder Aktionsort rechtzeitig zu erreichen.
Was ist die Botschaft? Wer gibt Interviews?
Macht euch vorher bewusst, welche Botschaft ihr der Öffentlichkeit mit eurer Aktion vermitteln wollt. Diese sollte inhaltlich von allen Aktivist_innen getragen werden.
Das heißt jedoch nicht, dass zwangsläufig alle die Botschaft auch vor einer Kamera darlegen können müssen. Klärt im Vorfeld, wer alles bereit ist, Interviews zu geben. Diese sollten von der/dem Ansprechpartner_in den Medienvertreter_innen genannt werden können. Je mehr Menschen sich dazu bereit erklären, desto umfangreicher lässt sich berichten.
Wer, was und ab wann darf gefilmt werden?
Aus vielerlei Gründen haben einige Aktionsgruppen Bedenken gegenüber den Medien und bestehen darauf, dass einige Dinge oder Personen nicht oder erst ab einem bestimmten Zeitpunkt gefilmt werden sollen. Es ist hilfreich einen Zeitpunkt zu vereinbaren, ab wann gefilmt werden darf. Wir respektieren das Persönlichkeitsrecht und bitten darum, dass Personen, die nicht gezeigt werden wollen dies deutlich kommunizieren.Überlegt Euch im Voraus, ob diese Massnahme tatsächlich und in welchem Umfang notwendig ist und kommuniziert dies von Anfang an deutlich, damit es während oder nach der Aktion nicht zu Missverständnissen kommt.
Freigabe und Korrektur
Viele Aktivist_innen wünschen sich oftmals, dass sie die Bilder und Interviews vor der Veröffentlichung zu sehen bekommen. Dieser Wunsch ist verständlich, doch wird sich dies im Regelfall im Newsbereich nicht umsetzen lassen. Medienvertreter_innen werden sich dabei auf ihre journalistische Freiheit im Bezug auf ihre Berichterstattung berufen. Überlegt euch daher im Vorfeld welche Medienvertreter_innen ihr wie stark einbinden möchtet und wie groß euer Vertrauen in ihre korrekte Wiedergabe des Dokumentierten ist.
In eigener Sache
Graswurzel.tv versteht sich als Medienkollektiv, das aus der Bewegung über die Bewegung berichtet. Wir freuen uns über Vertrauen und Einbindung in Aktionen, da es unser Anspruch ist, eine umfassende und inhaltlich der Bewegung entsprechende Berichterstattung zu liefern. Es ist uns bewusst und in unserer langjährigen Medienarbeit immer wieder deutlich geworden, dass der Umgang mit Aktionsbildern eine hohe Sensibilität erfordert. Eine gute Kommunikation und klare Absprachen im Vorfeld helfen enorm gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und eine für alle Seiten zufriedenstellende Berichterstattung zu ermöglichen.